Wenn ich früher darüber nachgedacht habe, wie meine allererste Lesung sein würde, habe ich mir immer vorgestellt, dass ich vom ersten bis zum letzten Buchstaben jedes Wort auswendig können würde. Der Gedanke, vor fremden Menschen aus meinem eigenen Buch vorzulesen, war für mich genauso einschüchternd wie aufregend. Ich dachte, auf eine Lesung würde ich mich mindestens so umfangreich und akribisch vorbereiten wie auf die Abiturklausuren, würde Karteikarten vorbereiten und Textpassagen aus dem Kopf heraus aufsagen können, lange bevor der Termin in greifbare Nähe gerückt wäre.
Doch es lief ganz anders.
Tatsächlich war ich so beschäftigt mit meinem Studium und meinen anderen kreativen Projekten, dass ich erst zwei Tage vor der Lesung mit Sicherheit sagen konnte, dass ich daran teilnehmen würde. Mein Koautor Dennis hat die Veranstaltung mit viel Engagement und ganz im Alleingang organisiert und er hat auch die Textstellen ausgesucht und gekürzt. Um diese zu üben, blieb mir vor meiner Anreise nach Hildesheim kaum Zeit, und im ersten Moment war ich darüber regelrecht entsetzt. Als ich dann jedoch probeweise die Textstellen durchging, fiel auf einmal alle Sorge von mir ab. Es war ja mein Text! Ich kannte ihn – wenn auch nicht auswendig – und dass ich ihn selbst geschrieben hatte, gab mir Sicherheit.
Von meiner ersten Lesung hätte ich wohl erwartet, dass ich vor Nervosität fast umfallen würde. Und ja, natürlich war ich aufgeregt, als es dann wirklich so weit war. Zum Großteil war es Vorfreude, doch die Reaktionen auf den eigenen Roman erwartet man wohl auch immer mit etwas nervöser Anspannung. Als ich dann aber mit dem Lesen anfing, ging es mir auf einmal wie beim Proben. Von der befürchteten Schnappatmung und dem hektischen Verhaspeln keine Spur. Fast war ich wieder ganz allein mit meiner Geschichte.
Selbstverständlich habe ich die Zuhörer und meinen Koautoren nicht vergessen. Im Gegenteil: Es war wahnsinnig aufregend, zwischen den Zeilen ein paar neugierige Blicke ins Publikum zu werfen. Und das gemeinsame Lesen mit Dennis hat wie erwartet riesigen Spaß gemacht. Auch das hatten wir zuvor nicht üben können, doch nachdem wir uns schon einige Jahre kennen und so intensiv an dem Projekt zusammen gearbeitet haben, sind wir einfach ein eingespieltes Team – wir und Liv und Leif.
Die Lesung ging wie im Flug vorbei. Wir haben uns im Anschluss noch ein wenig mit den Besuchern unterhalten, Fragen beantwortet und viel Lob bekommen, worüber ich mich natürlich sehr gefreut habe. Dann saß ich auch schon wieder im Zug nach Hause und mir kam der Gedanke, wie anders ich mir meine erste Lesung vorgestellt hatte. Und dass ich mich schon auf die nächste freue!
Einen kleinen Einblick in unsere erste „Liv & Leif“ Lesung bekommt ihr auf YouTube. In dem Video lesen Dennis und ich aus unserem Prolog.
Falls es euch gefällt, schaut unbedingt bei der nächsten Lesung vorbei!